Aus dem Glauben des Jahushua von Nazareth. Teil 18
Glaubensimpuls 494 von Gregor DalliardIn 5 Moshe, Kapitel 28 – 30 ist in besonderer Weise vom Segen und Fluch für das Volk Israel geschrieben. Wie wir schon oft sagten: Die Bibel ist nicht einfach vom Himmel gefallen. Die Verfasser der Bibel haben Texte aus der frühesten Vergangenheit (Quellenschriften) gesammelt. Vieles, das vor Moshe geschrieben worden war, was von Moshe selbst geschrieben worden war, was spätere Kommentatoren zu den Lehren des Moshe geschrieben hatten, alles das wurde gesammelt. Bereits vor Moshe sprach JaHuWaH zu den Menschen. Wir denken ganz besonders an Abraham. Vieles wurde anfänglich mündlich weitererzählt. Allmählich wurden hier und dort wichtige Lebensweisheiten und -regeln aufgeschrieben. Es gab noch keinen biblischen Kanon und auch noch keinen verbindlichen Talmud. Die schriftliche Fassung der Thora erfolgte in einem langen Überlieferungsprozess, in dem unterschiedliche Quellen und verschiedene redaktionelle Bearbeitungen Eingang gefunden haben.
In den Urzeiten war es völlig normal und absolut üblich, spätere aktuelle Ereignisse in die noch nicht gesammelten Texte der späteren Thora aufzunehmen. Das war bis zur Sammlung der verschiedenen Quellen und ihrer schriftlichen Zusammenfassung und Niederlegung als Thora nicht falsch.
Mit Moshe erfährt Israel – als Volk – einen aussergewöhnlichen Weg – aus Ägypten ins gelobte Land. Viele Offenbarungen wurden schriftlich festgehalten. Sie sind wegweisend wie etwa das Zehn-Wort (zehn Gebote), die Weisungen im Umgang mit JaHuWaH und den Menschen untereinander, wie sie uns in den 5 Büchern Moshe überliefert sind. Viele Erfahrungen wurden gemacht, so auch die Einsetzung von Richtern, die Moshe auf die Empfehlung seines Schwiegervaters Jetro eingesetzt hatte (vgl. 2Mo 18,13-27). So werden z. B. die vielen Details, die zu den praktischen Aufgaben der Richter im Alltag gehörten, in der Thora nicht schriftlich erwähnt und beschrieben. Sie gehören darum zum Bereich der mündlichen Thora, der mündlichen Überlieferung, die später im Talmud aufgezeichnet worden ist, der aus der älteren Sammlung, der Mischna und der jüngeren, der Gemara, besteht. Diese Sammlung liegt in zwei Ausgaben vor: da ist der Babylonische Talmud (Talmud Bavli) und der Jerusalemer Talmud (Talmud Jeruschalmi).
So lesen wir z. B. in der Thora wie JaHuWaH mit seinem Volk einen Weg aus dem tief verwurzelten heidnischen Opferkult beschreitet. Keine Menschenopfer mehr! Der Opferkult und der Dienst der Priester am Opferkult wurde beibehalten. Das aber wirkte sich im Laufe der Zeit äusserst verhängnisvoll aus, obwohl sie eine neue Deutung erfuhren. Sinn und Zweck sollten sich von dem der Heiden grundsätzlich unterscheiden. Darum die zahllosen, z. T. rigorosen Vorschriften im 3. Buch Mose, die diesen Unterschied kennzeichnen, und so den israelitischen Opferkult vom heidnischen total abgrenzen sollen. Dies als Übergang, als Prozess der Loslösung von ihren ägyptisch-heidnischen Opfertraditionen, denen sie Jahrhunderte lang ausgesetzt waren und die tiefe Spuren und Prägungen im israelitischen Volk hinterlassen hatten. Das Ziel der Priester war die schrittweise Loslösung von den Tieropfern und den Gottheiten, hin zu einer vollkommenen persönlichen JaHuWaH-Beziehung. Den heidnischen Opferkult auf diese Weise umgehen zu wollen musste in die Irre führen. Opferkult ist in seinem Wesen heidnisch. Opferkult lenkt vom JaHuWaH und SEINEM Wesen ab. Die Propheten liefen dagegn Sturm! (vgl. David: Ps 40; Hosea 6,6; Amos 6,6; Micha 6,6-8; Jer 6,20; 7,21-24). Siehe Gim (530; 531).
Seit den schrecklichen Ereignissen und der Wegführung ins babylonische Exil ändert sich die Situation schlagartig. Es erfolgt die Sammlung der verschiedenen Schrift-Quellen, ihre schriftliche Zusammenfassung als Kanon (Richtschnur). Der biblische Kanon war entstanden, verbindlich, unantastbar, abgeschlossen. Einfügungen waren nicht mehr möglich. Die mündlichen Traditionen wurden, wie oben gesagt, im Talmud, im Babylonischen Talmud (Talmud Bavli) schriftlich festgehalten. Dazu kamen die jeweiligen Erklärungen und Deutungen, die sich aus den laufend verändernden Lebenssituationen aufdrängten – und weiterhin aufdrängen.
Die Ereignisse, die dem Exil in Babylon vorausgingen, waren von einem schrecklichen Ausmass. Das Leid war unermesslich. “Wie nur konnte ein so schreckliches Leid über uns kommen”, so fragten sich die Überlebenden in Babylon – völlig am Boden zerstört, traumatisiert. Zu dieser Zeit, im Exil in Babylon, wurden alle Schriften gesammelt und definitiv geordnet. Die äusserst entsetzlichen und traumatischen Ereignisse, rund um die Wegführungen aus dem verheissenen Land, wurden, vor allem, in die Texte von 5 Moshe eingebaut. Ein solches Ausmass an Leid und Elend gab es in der ganzen Geschichte Israels bisher nicht. Das Ausmass dieser Ereignisse war nicht zu fassen. Dieses Leid konnte und kann kaum in Worte gefasst werden.
Dazu gehört die grauenvolle und qualvolle Wegführung der zehn Stämme des Nordreiches nach Assyrien und die später erfolgte Besetzung Judas durch die Babylonier, die grausamen und entsetzlichen Zustände während der langen Belagerung Jerushalajims, die qualvollen Deportationen des Grossteils der einflussreichen führenden Schicht der Juden nach Babel, die Versklavung einer Masse von Juden, die nicht zu fassende und zu ertragende Zerstörung des Tempels Shlomos, die Flucht eines Teiles der Juden nach Ägypten, mit Jirmejahu (Jeremia), den sie mitgenommen hatten, die vereinsamten Zurückgebliebenen. Ihnen war jedes Selbstbestimmungsrecht entzogen. Flucht und Zerstreuung, verbunden mit dem Ende des jüdischen Königtums. Die Verteidigungsanlagen wurden niedergerissen, alle öffentlichen Häuser, auch die schönsten, niedergebrannt. Die Söhne des Königs hingeschlachtet, dem König selbst die Augen ausgestochen. König Joahas war in Ägypten gefangen, wo er starb. König Jojachin und König Zedekijahu waren in Babylon gefangen. Der Schmerz der Überlebenden, ob all des Elends, war unermesslich, war grenzenlos.
Wir werden uns nie, nicht im entferntesten Sinn, in das entsetzliche Elend der Überlebenden einfühlen können. Es waren Jahre unermesslichen Leids. Alle Verheissungen, alle Segnungen, alle Zusprüche, alle Erfahrungen mit JaHuWaH, die Erwählung, der Auftrag, die Sendung, alles lag zerstört am Boden, ebenso waren die Überlebenden am Boden zerstört. Könige und Priester verschleppt, das Volk vertrieben, was nun?
Was sagen wir in unserer christlich geprägten frommen Naivität und Überheblichkeit, die uns von Kindesbeinen an eingeimpft worden ist? Selber schuld! Da habt ihr Juden die Quittung für euren Ungehorsam! Nun, zu welchem Schluss kamen die Überlebenden in Babylon und anderswo? Wir sind die Schuldigen für dieses unfassbare, grässliche Leid. Das kann gar nicht anders sein! Die Babylonier waren lediglich das Werkzeug des JaHuWaH, so glaubten sie. Durch sie hat JaHuWaH eine solche Katastrophe mit einem solch unermesslichen Leid über uns gebracht. Dasselbe denken eifrige Christen vom Werk Hitlers, der als Kind und Jugendlicher ein eifriger Katholik war. In all den Jahren hatten sich die Abläufe der antijüdischen Kreuzwegandachten und die Karfreitagsliturgien tief und wirksam in seiner hingebungsbereiten kindlichen Seele eingeprägt. Er wollte Abt werden. Doch dieses Ziel war ihm verwehrt. Als er aber “sein” Ziel erreicht hatte, übernahm er das Familienwappen von Abt Theoderich Hagen (1859-1872) im Benediktinerstift Lambach in Oberösterreich und machte es zum Nationalwappen seiner Diktatur. Als Diktator und Staatsoberhaupt besuchte er mit ebensolcher Bereitschaft und Hingabe die antijüdischen Passionsspiele im oberbayrischen Oberammergau. Das genügt!
Für sie war und ist Hitler das Werkzeug JaHuWaHs. Davon sind sie felsenfest überzeugt.
Das unermessliche und grenzenlose Leid, das Hitler, rund um die Zeit der Novemberpogrome 1938 entfacht hatte, das in das grenzenlose Leid des Holocaust führte – und bis heute in Europa wirksam ist – ist für die christliche Welt immer noch die gerechte Strafe der Juden für die Ermordung der christlichen Gottheit Jesus Christus. Der Beweis einer gegenteiligen Überzeugung bleibt bis heute aus. Kreuzwegandachten und Karfreitagsliturgien werden weiter gefeiert, so, als hätte es nie einen Holocaust gegeben. Die Passionsspiele im oberbayrischen Oberammergau werden weiterhin aufgeführt, so, als hätte es nie einen Holocaust gegeben. So einfach ist das, wenn wir der “Bibel” glauben. Mit “Bibel” meinen sie allerdings nicht die Bibel des Jahushua von Nazareth, das “AT”, sondern die Schriften des Paulus und der Kirchenväter, das “NT”. Ja, so einfach ist das!
Nun ja, die überlebenden Juden waren damals zur festen Überzeugung gelangt, Juda hat seinen Vertrag gebrochen. Wir sind schuldig geworden, darum die entsetzlichen, nicht zu fassenden Gräuel, die über uns gekommen sind. Was müssen wir aber unbedingt beachten? Was fällt uns heute bei diesem Thema sofort auf? Erstens müssen wir uns fragen: Warum klammern die Bibelschreiber einen absolut wesentliche Aspekt aus? Alle politischen Absichten und Machtansprüche der Babylonier werden restlos ausgeklammert, aber wirklich restlos. Alle machtlüsternen kriegerischen Strategien und Absichten, die seit eh und je die Verhältnisse zwischen Assyrien und Ägypten, zwischen den Babyloniern und den Ägyptern durchzogen, werden restlos ausgeklammert. Das kleine Land zwischen diesen Grossmächten, war seit eh und je rücksichtslos den Machtinteressen dieser grossen Machthaber ausgesetzt. Unter Alexander dem Grossen und dessen Nachfolgern machten sich neue machtlüsterne Herrscher über das kleine Land Juda her. Nach diesen kamen die machtlüsternen Römer und bis vor kurzem die machtlüsterne Christenheit, unter der Herrschaft der christlichen Ideologie des Papsttums. Alle haben sie mit grausamen Mitteln und Methoden versucht, dieses Volk ihren politischen Ideologien einzuverleiben. Das kleine Land lag – als Durchgangsland – zwischen mächtigen Reichen. Geographisch ist es so gelegen, dass jeder machtlüsterne Herrscher, der seine Machtinteressen kriegerisch realisieren wollte, darüber her trampeln “musste”. Jeder hinterliess schreckliches Unheil und Verwüstung.
Zweitens müssen wir zusätzlich – unbedingt – Folgendes beachten: JaHuWaH ist eben JaHuWaH. Er ist keine Gottheit, kein Deus, Theos oder Zeus, Aruru und Marduk, oder wie die Gottheiten auch immer heissen mögen. Entsprechend wehrte sich das kleine jüdische Volk für die Ehre JaHuWaHs bis aufs Blut gegen die jeweiligen heidnischen Besatzer und Machthaber, die mit ihren Göttern auftrumpften. Der hohe Blutzoll und das ganze Elend das damit verbunden war, kann von uns heute nicht erfasst werden. Kein Volk stand für seine Gottheiten und Götter mit einer solchen Hingabe und Selbstlosigkeit ein wie die Juden für JaHuWaH. (Wir werden auf diese Tatsache in einem späteren Gim zu sprechen kommen). Gegen dieses Verhalten reagierten die jeweiligen Herrscher mit grausamen Mitteln, ja, mit umfassenderen Grausamkeiten als gegen jedes andere besiegte Volk. Das sind geschichtliche Tatsachen, die wir hier nicht ausklammern dürfen. Berücksichtigen wir diese Fakten, kommen wir dem Ziel, den Absichten der Bibelschreiber, immer näher. Dann werden wir auch die Absichten des Propheten Hosea verstehen lernen. Den Machthabern ging es um ihre Macht. Das kleine Israel hatte sich ihnen zu fügen. Die politisch-geschichtlichen Machtinteressen dieser Herrscher und die direkten Folgen für Israel klammern die Bibelschreiber – wie gesagt – aus. Warum tun sie das?
Sagen wir es so: Das hat seinen Grund. Wie oben gesagt: Alle Verheissungen, alle Segnungen, alle Zusprüche, alle Erfahrungen mit JaHuWaH, die Erwählung, ihre Sendung, lagen zerstört am Boden, ebenso waren die Überlebenden am Boden zerstört. Alle Aufgaben, in Zukunft Licht für die ganze Menschheit zu werden und die Menschheit hinein in das Messianische Reich zu führen – unter JaHuWaH – dem König Israels, lagen vor ihnen am Boden zerstört. Wie nur konnten die Babylonier mächtiger sein als JaHuWaH, so fragten sich die Überlebenden? Wie können Götter mächtiger sein als JaHuWaH, der kein Gott ist, sondern JaHuWaH? In diesem Kontext fällt der Blick auf die geographischen und machtpolitischen Interessen der Völker ringsherum weg. Ihre Begründung: Das Volk hatte Götter angebetet, ihnen damit die Macht gegeben, mit JaHuWaH den Bund gebrochen. In ihrer verzweifelten Lage sehen die Überlebenden die Schuld bei sich. Die Bibelschreiber nehmen diese furchtbaren Ereignisse auf und fügen sie in die Kapitel 28 – 30 in 5 Moshe ein. Darüber besteht heute kein Zweifel mehr. Was wäre denn daran falsch? Im Gegenteil: dadurch wird die einzigartige Sendung und der bindende Auftrag Israels, seine Aufgabe für diese Welt, auf den Leuchter gestellt. Wir wollen im nächsten Gim weiter darauf eingehen.
Welch ein Volk, das uns den verheissenen Segen Abrahams bis hierher gebracht hat! In diesem Segen stehend, grüssen wir einander und wünschen uns weiterhin einen festen Boden unter unseren Füssen – was immer kommen mag und sein wird: “Gesegnet ist der Mensch, der JaHuWaH vertraut und dessen Vertrauen JaHuWaH ist! Er wird sein wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt und sich nicht fürchtet, wenn die Hitze kommt. Sein Laub ist grün, im Jahr der Dürre ist er unbekümmert, und er hört nicht auf, Frucht zu tragen” (Jer 17,7-8). Gesegneten Shabbat und liebe Grüsse. Shalom!
Gregor Dalliard
Ankündigungen
Wir laden dich herzlich zu unserem nächsten Bibeltreffen in Ins ein. Wir treffen uns am Sonntag, den 17. September 2023 um 14.00 Uhr bei Ferdinand und Regula Marti, Riserenweg 24, 3232 Ins BE, Tel.: 031/991 69 12. Wir freuen uns ganz fest auf die gemeinsame Zeit! Shalom!
In unregelmässigen Abständen publiziere ich Lebensimpulse (Lims).
Unter dem Kennwort Fragen Leserfragen (Lefs) möchte ich neu auf Leserfragen eingehen. Dabei werde ich auch aufschlussreiche und weiterführende Zusammenhänge anderer zu wichtigen biblischen Themen veröffentlichen.