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Den TaNaCH studieren: "So spricht JaHuWaH: Tretet auf die Wege, seht und fragt nach den Pfaden der Vorzeit, wo denn der Weg zum Guten sei, und geht ihn! So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen." (Jer 6,16).

Glaubensimpuls 608 von Gregor Dalliard

Ja, und wie sollen wir Jer 8,4-9 verstehen? Das war die Frage aus dem Kontext des letzten Gims.
“Und sage zu ihnen: So spricht JaHuWaH: Fällt man denn und steht nicht gleich wieder auf? Oder wendet man sich ab und kehrt nicht gern wieder zurück? Warum kehrt sich dieses Volk Jerushalajims ab in immerwährender Abkehr? Sie halten fest am Trug, sie weigern sich umzukehren. Ich habe achtgegeben und gehört: Sie reden, was nicht recht ist. Da ist keiner, der seine Bosheit bereut und sagt: Was habe ich getan! Alle wenden sie sich weiter ab in ihrem Lauf wie ein in den Kampf stürmendes Pferd. Selbst der Storch am Himmel kennt seine bestimmten Zeiten, und Turteltaube, Schwalbe und Drossel halten die Zeit ihres Kommens ein; aber mein Volk kennt das Recht JaHuWaHs nicht. Wie könnt ihr sagen: Wir sind weise, und die Weisung JaHuWaHs ist bei uns? In der Tat! Siehe, zur Lüge hat es der Lügengriffel der Schriftgelehrten gemacht. Die Weisen werden beschämt, sie sind schreckerfüllt und werden gefangen. Siehe, das Wort JaHuWaHs haben sie verworfen. Und was für eine Weisheit haben sie nun?” (Jer 8,4-9).

Lesen wir die Verse davor und danach, dann scheint die Sache klar zu sein. Das Urteil des Propheten Jeremia ist äusserst hart. Er lässt JaHuWaH sprechen “Darum werde ich ihre Frauen anderen geben, ihre Felder anderen Besitzern. Denn vom Kleinsten bis zum Größten machen sie alle unrechten Gewinn, vom Propheten bis zum Priester üben sie alle Falschheit. Und den Bruch der Tochter meines Volkes heilen sie oberflächlich, indem sie sagen: Friede, Friede! – und da ist doch kein Friede” (Jer 8,10-11).

Die grossen geopolitischen Umstürze und Veränderungen, die das auserwählte Volk jemals erlebte, geschahen zu Lebzeiten des Propheten Jirmejahu. Die Folgen waren für einen gläubigen Juden unerträglich. Vorausgegangen waren die Kriege Assyriens mit dem Nordreich und dessen Fall und Ende. Ein Grossteil des israelitischen Volkes, also der zehn Stämme war damals nach Juda geflohen.
Das kleine Volk der Juden stand kontinuierlich auf der Abschussrampe der sich gegenüberstehenden Grossmächte jener Zeit, der Babylonier und der Ägypter. Die Bedrohung der rivalisierenden Grossmächte nahm immer konkretere Ausmasse an und dazwischen lag das relativ kleine Judäa. Die Bedrohung blieb brandaktuell. Es war nur eine Frage der Zeit, wann Judäa “definitiv” fallen würde. Während sich andere kleinere Völker diesen Grossmächten weitgehend freiwillig ergaben, leisteten die Juden als einziges Volk heftigsten Widerstand. Wir werden im nächsten Gim der Frage nachgehen, warum das so war.

Alle von den Grossmächten besiegten Völker pflegten mehr oder weniger denselben Götzendienst wie die Grossmächte selbst, während sich die israelitisch-jüdischen Propheten mit dem Volk JaHuWaHs als einzige Volksgruppe weltweit um die Beziehung mit JaHuWaH und SEINEN Auftrag an die Welt verantwortlich wusste. Entsprechend war der Widerstand gegen die Besatzer.
Jirmejahu hatte eindeutig das Ziel JaHuWaHs vor Augen. Das auserwählte Volk, soll das Recht und die Gerechtigkeit JaHuWaHs kennen und leben lernen. Der Opferkult verhindert die Förderung des Rechts unter dem Volk. Er ist an die Stelle des Rechts JaHuWaHs getreten (vgl. Jer 6,20 - 7,28). “Gerechtigkeit und Recht üben ist JaHuWaH lieber als Schlachtopfer” (Spr 21,3).

Wie später von Israeliten das irdische Königtum gefordert wurde (vgl. 1.Sam 8,1-22), so war von Israeliten früher am Sinai der Opferkult gefordert worden (vgl. 2Mo 32; Jer 7,22). Diese Leute setzten sich durch. Beides wurde von den Priestern unterstützt und gegen den Willen JaHuWaHs und SEINER Propheten eingeführt und gefördert. Damit hatten sich die Priester mit immer grösserem Aufwand religiösen Äusserlichkeiten des Lebens zugewandt und das Volk mehr und mehr von JaHuWaH entfernt. Damit verliessen die Priester den Auftrag, die Sendung und das Ziel, das ihnen JaHuWaH für diese Welt aufgetragen hatte.
Sie vernachlässigten das Wichtigste im menschlichen Leben, das, was uns in Jer 6,20 - 7,28 und von allen Propheten JaHuWaHs durchgehend im TaNaCH vermittelt ist. Durch die geopolitischen Ereignisse der damaligen Zeit fand dieser Weg der Priester ein äusserst leidvolles und bitteres Ende. Die Propheten bezeichnen JaHuWaH als den Initiator, der diesem Weg ein Ende setzte. In Wirklichkeit war es aber das Verhalten der Menschen selbst, der Priester (Sadduzäer). Der Name “Sadduzäer” (Σαδδουκαῖος/ saddukaios) leitet sich von Zadok ab. Er war in der davidisch-salomonischen Zeit Hohepriester (vgl. 2Sam 8,17).

Das Licht wurde wieder auf den Leuchter gestellt. Viele Juden begriffen das Geschehene, das Grauenvolle. Sie hörten auf die Propheten und kehrten zu JaHuWaH um, d. h. zu den Forderungen JaHuWaHs, wie das später auch von dem Propheten Micha gelehrt wird: “‘Er hat dir mitgeteilt, Mensch, was gut ist. Und was fordert JaHuWaH von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und einsichtig zu gehen mit deinem Elohim?”’ Der Prophet knüpft hier an die ursprüngliche Botschaft des Propheten Moshe an, als es noch keinen Opferkult in Israel gab (vgl. 5Mo 10,12).
Nach der babylonischen Katastrophe wandten sich Juden, verführt durch Priester, hier und dort wieder den alten religiösen Äusserlichkeiten zu. Sie stellten diese Einrichtungen wieder her, bis die Römer dem allem ein endgültiges Ende setzten.
Heute gibt es in Israel und den Juden weltweit wieder Bestrebungen das israelitisch-jüdische Priestertum und vieles mehr wieder herzustellen. Es sind solche, die die Botschaft der Propheten im TaNaCH nicht begriffen haben. In ihrem religiösen Eifer versuchen sie die alten priesterlichen Irrwege zu neuem Leben zu erwecken.

Opferkult und menschliches Königtum werden von den Propheten eindeutig als Abfall von JaHuWaH verurteilt. Dieser Geist bringt den Menschen um seinen Verstand. JaHuWaH ist der König Israels, nichts und niemand kann ihn ersetzen. Er braucht auch keine Tier- oder Menschenopfer (auch das eines Gott-Menschen Jesus Christus nicht). Ist uns aber aufgefallen, dass sich die späteren Schriftsammlungen des TaNaCHs so lesen, als ob sich JaHuWaH mit dem Opferkult und dem menschlichen Königtum angefreundet hätte, als hätte ER beides sogar gewollt? Siehe, die vielen Bestimmungen über Opferkult und Königtum.
Nein, die ursprünglichen Zeugnisse sagen ganz klar, dass JaHuWaH, der El Eljon, von beidem nichts wissen wollte.
Beide sind Mittel und Wege, auf denen die Menschen in der religiösen Finsternis festgehalten werden. Sie verunmöglichen eine gesunde von JaHuWaH gewollte Entwicklung und ein gesegnetes, erfülltes Leben. Sie verhindern das Wachsen hinein in die innere Ruhe, der jeder Mensch bedarf. Mündig werden und Verantwortung für sein Handeln übernehmen, das ist es, was der Schöpfer von uns erwartet.

Lesen wir alle Texte in der Thora, die später über den Opferkult und das Königtum in Israel und Juda sprechen, stehen uns die Haare zu Berge. Noch einmal: Die Thora und der gesamte TaNaCH wird später so präsentiert als hätte JaHuWaH den Opferkult und das Königtum gewollt. Die Priesterkaste hatte sich in die vielen äusserlichen Einrichtungen und Traditionen verloren. (Diese Äußerlichkeiten sicherten ihnen ihren Lebensstandard; Opfer und Spenden lassen sich auch christliche Geistliche ungern entgehen.) Sie kämpften gegen die Propheten JaHuWaHs.
Die Propheten reagieren unmissverständlich: “JaHuWaH, der Herrscher der Welt, der Elohim Israels, sagt: ‘Warum verbrennt ihr mir Tiere als Brandopfer? Tut sie zu den anderen dazu, die ihr für das Opfermahl schlachtet, esst das Fleisch doch auf! Als ich eure Vorfahren aus Ägypten herausführte, habe ich ihnen nicht befohlen, mir Brand- oder Mahlopfer darzubringen’” (Jer 7,21-22).
Propheten und Gerechte kämpften unermüdlich für die lebendige Beziehung des israelitisch-jüdischen Volkes mit JaHuWaH. Die Propheten zeigen unermüdlich auf, worin die Umkehr eines Menschen zu JaHuWaH sichtbar wird und bleibt. Noch einmal: Lies z. B. Jer 6,20 - 7,28.

Schauen wir zurück in die Zeit als Babylon Jerushalajim belagerte. Schon längst war jeder Widerstand gegen die babylonischen Belagerer aussichtslos. Der Prophet Jirmejahu und damit auch JaHuWaH forderten die jüdischen Beamten und den König auf, den Widerstand aufzugeben. Doch hartnäckig leisteten sie Widerstand. Warum taten sie das? Dieser Frage wollen wir das nächste Mal nachgehen.

Allen wünsche ich einen gesegneten Shabbat Shalom.

Herzliche Grüsse

Gregor Dalliard

Ankündigungen

Wir laden dich herzlich zu unserem nächsten Bibeltreffen in Finsterhennen ein. Wir treffen uns wieder am 21. April 2024 um 14,00 Uhr bei Martin und Kornelia Hunzinger-Schmid, Allmenhag 2, 2577 Finsterhennen. Wir freuen uns ganz fest auf die gemeinsame Zeit! Shalom!

In unregelmässigen Abständen publiziere ich Lebensimpulse (Lims).

Unter dem Kennwort Fragen Leserfragen (Lefs) möchte ich neu auf Leserfragen eingehen. Dabei werde ich auch aufschlussreiche und weiterführende Zusammenhänge anderer zu wichtigen biblischen Themen veröffentlichen.