Aus der Gnade gefallen. Teil 17
Glaubensimpuls 429 von Gregor DalliardWas sie aber über seine jüdische Kindheit und Jugendzeit noch in Erfahrung bringen konnten, war so viel wie nichts. Vergessen wir nicht, weit mehr als ein halbes Jahrhundert lag zwischen dem Leben des Jahushua von Nazareth und der Zeit, als die Schreiber anfingen “Evangelien” zu schreiben. Als die Kirchengründer “Evangelien” schrieben, konnten sie nur zwei Tatsachen aus dem Leben der Kinder- und Jugendzeit Jahushuas von Nazareth in Erfahrung bringen. Es war das, was schon seit Jahrhunderten zentral zum jüdischen Glaubensleben gehörte und allezeit gelebt wurde: Beschneidung (vgl. Lk 2,21-24) und Bar Mitzwa (Lk 2,39-52). Warum nur diese Ereignisse? Wie gesagt, weil Beschneidung und Bar Mitzwa auch zur Zeit der Kirchengründer geltende Glaubenspraxis bei jüdischen Kindern und Jugendlichen war – übrigens: bis heute. Zur Unterweisung der Kinder nahm die Lehre der Thora, seit dem Propheten Moshe, einen zentralen Stellenwert ein, so auch zur Zeit des Jahushua von Nazareth. Nachdem die Jungen in der Thora unterwiesen waren und ihre tiefe Bedeutung für ein erfolgreiches und segenreiches Leben erfasst hatten, wurden sie bei einer Feier in die jüdische Glaubensgemeinschaft aufgenommen und auf die geltenden Vorschriften verpflichtet.
Die Feier der Bar Mitzwa wird in der Bibel (TaNaCH) zwar nicht extra so befohlen und auch nicht so genannt, aber sie gehörte, wie gesagt, von Anfang an zur zentralen Erziehungspraxis der Kinder und Jugendlichen, so auch zur Zeit des Jahushua von Nazareth. Sie geht zurück auf das “Shma Israel”. “Höre, Israel: JaHuWaH ist unser Erlöser, JaHuWaH allein (d.h.: ER ist der EINZIG EINE Erlöser, Retter, Helfer)! Und du sollst JaHuWaH, deinen Erlöser, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen.. Wenn dein Sohn dich künftig fragt: Was bedeuten die Zeugnisse und die Ordnungen und die Rechtsbestimmungen, die JaHuWaH, unser Erlöser (Retter), euch geboten hat?, dann..” (5Mo 6,4-7.20).
In Lk 2,39-52 handelt es sich um die Feier der Bar Mitzwa (auch Mizwa geschrieben) des jungen Juden Jahushua von Nazareth. Anlässlich des Pessachfestes in Jerushalajim wurde er zum mündigen Juden geweiht. Das jüdische Elternpaar freute sich an diesem Tag über alle Masse, zusammen mit allen Angehörigen und Freunden. Es war ein Tag der Freude, des Segen und des Dankes. Das ist heute noch so. Bei meinen verschiedenen Reisen in Israel war ich zweimal bei grossen Festen an der Klagemauer. Anlässlich dieser Feste kamen Juden aus aller Welt um mit ihren Söhnen dort Bar Mitzwa zu feiern. Das waren sehr eindrückliche und unvergessliche Feiern. Welch eine Hingabe – und wie die Mütter und Frauen von ihren Plätzen aus gesungen, geklatscht und gepfiffen haben – das war ergreifend. Wie eindrucksvoll und ergreifend müssen diese Bar Mitzwafeiern gewesen sein, als der Tempel noch stand? Wie ergriffen muss der junge Jahushua aus Nazareth, an diesem seinem Fest, im Tempel, gewesen sein?
Was berichtet uns der Grieche Lukas in “seinem” “Evangelium”? “Und als sie ihn (im Tempel) sahen, wurden sie bestürzt; und seine Mutter sprach zu ihm: Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Und er sprach zu ihnen: Was ist es, dass ihr mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist? Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen redete” (Lk 2,48-50). Sofort wird uns klar, dass Lukas von Bar Mitzwa nichts verstanden haben kann. Aus der Bar Mitzwafeier schafft er eine absurde antijüdische Story, wie das von einem antijüdischen Mann, der von der griechisch-christlichen Philosophie des Paulus geprägt ist, gar nicht anders zu erwarten ist. Wenn der Grieche Lukas den Jahushua zu seinen Eltern sagen lässt: “Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?”, und sie das nicht verstanden, dann ist bei diesen jüdischen Eltern wohl Hopfen und Malz verloren.
Dieses jüdische Ereignis aus der Jugendzeit Jahushuas, missbrauchten die christlich-heidnischen Nachfolger des Paulus, die späteren Redaktoren der “Evangelien”, um die Juden in ein sehr schlechtes Licht zu stellen. Die jüdischen Eltern – Juden – werden uns hier, stellvertretend für alle Juden, als solche vermittelt, die den Messias in ihrer Mitte gar nicht wahrnehmen, ja, gar nicht erkannten. Hätte das jüdische Volk den Jesus Christus des Paulus, nicht als den verheissenen Endzeit-Messias erkennen müssen? Sind rund um seine Zeugung und Geburt nicht genug aussergewöhnliche Dinge geschehen, wie etwa die Geburtsansage durch den Engel; die Zeugung durch Gott; der Engel, der im Traum zu Josef spricht; die Botschaft an die Hirten; die Magier aus dem Morgenland; die Flucht und Rückkehr aus Ägypten; u.v.m. Wie nur konnte die Jüdin Mirjam (Maria) und ihr Mann Josef, ebenso ein Jude, nach allen diesen sensationellen Einwirkungen des heiligen Geistes, rund um seine Zeugung und Geburt, nur so vergesslich geworden sein, und nichts mehr davon wissen? Lukas stellt die jüdischen Eltern Jahushuas so hin, als hätten sie überhaupt nichts kapiert – eben weil sie Juden sind, so wie offenbar alle Juden – eben nichts kapieren, was das “Evangelium” des Paulus angeht und seine neue Gottheit, Jesus Christus.
An die Stelle der jüdischen Eltern treten später die christlichen Eltern eines Jesus auf, der katholische Josef und die katholische Maria. Sie nehmen unter dem Grossteil des Christentums einen überheiligen Platz ein. Zusammen mit der christlichen Gottheit, Jesus Christus, bilden sie das Zentrum des katholischen und orthodoxen Christentums.
Lukas, oder wer immer die Redaktoren der christlichen “Evangelien” waren, wollen mit diesem Bericht noch weitere antijüdische Botschaften vermitteln. Die Eltern finden den Jesus erst nach drei Tagen schmerzvollster Angst (Lk 2,46) : “Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht” (V 48). Es soll den Lesern vermittelt werden, dass die Juden Jesus nicht erkennen können, obwohl er nach drei Tagen sichtbar geworden war, auferstanden war, und sich gezeigt hat. Beim nächsten Schlag, den Lukas oder “Lukas” den Juden verabreicht, lässt er Jesus sagen: “Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?” (V49). Die Befragungen und Ermahnungen der Jungen durch die Schriftgelehrten, gehörten mit zum wesentlichen Teil der Bar Mitzwafeier im Tempel. Welches jüdische Elternpaar wusste das nicht?
In seiner Story will Lukas, wie schon gesagt, den Unglauben der Juden vermitteln. Die Juden glauben dem Wort der Propheten nicht, denn sonst würden sie wissen, dass er der vom Vater gesandte Messias ist, d.h. “in dem sein, was des Vaters ist”. Sie hätten spätestens am dritten Tag begreifen müssen, wer Jesus Christus ist. Doch sie weigerten sich am dritten Tag, am Tag der Auferstehung, den paulinischen Christus anzuerkennen. Sie, die Juden begreifen nichts (V 50). Zudem stellt Lukas den paulinischen antijüdischen Jesus Christus als denjenigen hin, der den Glauben der Juden in die Versenkung führt. Lukas vermittelt ihn als den Sohn Gottes im Tempel. Er sitzt im Tempel. Er sitzt inmitten der Gelehrten, inmitten der Lehrer. Er hört ihnen zu und befragt sie. Alle gerieten ausser sich (V 46-47). Die Juden sind zwar ausser sich, betroffen vom Wissen der neuen Gottheit Jesus Christus. Sie wissen es: Er ist die neue Gottheit, aber sie bleiben uneinsichtig, stur, obwohl er mitten im Tempel sitzt und sie ausser sich bringt. Also müssen sie für ihre Uneinsichtigkeit und Verstocktheit gründlich bestraft werden.
Seit bald 2000 Jahren übt die “erkenntnisreiche” Christenheit, mit ihrer Gottheit Jesus Christus, und den ihr unterworfenen Völkern, das Strafgericht an den Juden aus, das neue paulinische Volk Gottes. Warum? Wir erinnern uns an das was Paulus lehrte. Weil sich die Juden weigerten, an seine neue Gottheit, Jesus Christus, zu glauben, verfluchte er sie. Weil sie seine neue Lehre über die Wirkung von menschlichem Opferblut, als das Mittel der Erlösung, ohne das niemand zum Vater kommt, als schrecklich makaberen Götzendienst verwarfen, der mit dem prophetischen Wort der Bibel niemals in Einklang zu bringen ist, verfluchte er sie.
Er missbrauchte JaHuWaH und dessen Namen. Er setzte JaHuWaH ans Steuer seiner folgenschweren religiösen Irrfahrt – in die tiefsten Tiefen der Finsternis. Er, JaHuWaH, hätte sie verflucht, und durch seine neue Liebe, das Christentum – und die christlichen Völker – ersetzt: “Wenn aber auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium entgegen dem verkündigten, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: er sei verflucht!” (Gal 1,8-9; 1Kor 16,22 u.a.m). Kaltblütig lehrte er, JaHuWaH sei der Initiator dieses Weges. Es geschehe alles nach seinem Willen. Er sei der Vollstrecker der Verdammung seines einst erwählten Volkes. Er hätte es definitiv und unwiderruflich durch diejenigen, die an seine Gottheit Jesus Christus glauben würden, ersetzt. Nur sie würden nicht in die Hölle kommen. Alle anderen, die sich seinem Glauben widersetzen, müssten ein schreckliches Gericht erwarten, es sei denn sie werden Christen. Doch am Steuer dieses verrotteten paulinischen Karrens, der alles Leben platt macht, sass niemals JaHuWaH – und er wird es auch niemals sein. Dies zu wissen ist in diesem Leben durch nichts zu ersetzen. Die Bibel, der TaNaCH, hat uns inzwischen die Augen geöffnet. Das ist der Grund zu Jubel und Dankbarkeit.
Einen gesegneten Shabbat, einen Shabbat voll des Jubels und des Dankes, wünsche ich allen ganz herzlich. Shalom!
Gregor Dalliard
Ankündigungen
Wir laden dich herzlich zu unserem nächsten Bibeltreffen in Finsterhennen ein. Wir treffen uns wieder am 15. Dezember 2024 um 14,00 Uhr bei Martin und Kornelia Hunzinger-Schmid, Allmenhag 2, 2577 Finsterhennen. Wir freuen uns ganz fest auf die gemeinsame Zeit! Shalom!
In unregelmässigen Abständen publiziere ich Lebensimpulse (Lims).
Unter dem Kennwort Fragen Leserfragen (Lefs) möchte ich neu auf Leserfragen eingehen. Dabei werde ich auch aufschlussreiche und weiterführende Zusammenhänge anderer zu wichtigen biblischen Themen veröffentlichen.