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Der Zorn JaHuWaHs Teil 1

Glaubensimpuls 387 von Gregor Dalliard

Immer wieder fragen mich Christen, warum ich – wörtlich! – so ein Geschiss mit dem Gott der Juden und den Juden mache. Das sei doch alles überholt, nicht nur die Juden, vielmehr auch ihr Gott! Was denn mit einem rächenden Gott in der modernen Welt noch auszurichten sei? Wir fragten uns vor nicht allzu langer Zeit: Wie handeln wir, wenn uns Unrecht geschieht? Wenn wir nicht gehört werden? Wenn Falsches über uns geredet wird? Wenn wir uns nicht verteidigen und wehren können? Und, wenn von Richtern ein falsches, verkehrtes Urteil über uns ausgesprochen würde? Welche Wege würden wir wählen?

Sicher gibt es Menschen, denen nie ein Unrecht geschieht, nie in eine solche Situation geraten und sich damit auch nie auseinandersetzen müssen, oder die ein Unrecht zumindest nicht als Unrecht empfinden. Hören wir das Wort Rache in der Bibel, kann es uns kalt den Rücken hinunterlaufen. Gerade denke ich an die Blutrache in Kosovo, Albanien, Italien und die arabisch-autonomen Clans in deutschen Städten. Es könnte auch sein, dass wir Genugtuung verspüren, wenn wir der Meinung sind, dass JaHuWaH gerade Rache an einem meiner Mitmenschen vollzieht.

Sozusagen die meisten gläubigen oder frommen Menschen sehen ihren Gott von morgens bis abends und die ganze Nacht hindurch auf Rachetour. Wie oft haben mir Christen schon geschrieben oder gesagt, dass dies oder das die Rache Gottes an mir sei, wegen dieser oder jener Sache. Prallen solche Rachedrohungen an uns ab, dann gehören wir zu den Glücklichen wie David.
Wir wollen absolut nicht verheimlichen, wie sehr ein Mensch nach Rache dürsten kann, wenn er durch Unrecht seine Existenz verloren hat oder was auch immer. Hier liesse sich ein Beispiel an das andere reihen.

Wer die Bibel durchforscht findet immer wieder diesen Aufschrei an JaHuWaH, Rache an jenen zu üben die ihnen bewusst Unrecht tun, sogar bewusst sehr schweres Unrecht zufügen oder zugefügt haben. Das ist zuerst einmal eine menschliche Reaktion. Da gibt es nichts zu beschönigen (vgl. Ps 94). Dabei aber darf es nicht bleiben. Wie tragisch, wenn Rache und die Genugtuung in der Rache das Ziel eines Menschen bleibt, das Leben eines Menschen ausmacht.

Was aber unterscheidet einen gläubigen Juden von diesem Verhalten? Im gleichen Atemzug wie er nach Gerechtigkeit schreit und Rachegedanken bei ihm aufkommen, erinnert er sich auch an die Worte JaHuWaHs in der Bibel, der zu seiner Zeit alles in Ordnung bringen wird. Darin kann er zur Ruhe kommen. Das ist das Ausserordentliche im jüdischen Volk – das möchten wir doch sehr hervorheben. Es ist das was ich am Verhalten der meisten Holocaustüberlebenden lange nicht verstanden habe, bis ich ihr Verhalten aus dem biblischen Kraftpotential verstehen lernte. Die meisten der Überlebenden hatten so grauenvolle Tage, Nächte und Zeiten durchleben müssen, waren am Ende allein übrig geblieben, ihre Familienangehörigen ringsum waren ermordet worden und doch standen sie wieder auf und gingen weiter.

“Glücklich der Mensch, den du züchtigst (d.h. den du durch Leiden hindurch begleitest), Jah, den du belehrst aus deinen Weisungen (deinem Gesetz), um ihm Ruhe zu geben vor (in) den bösen Tagen, bis dem JaHuWaHlosen (Gottlosen) die Grube gegraben wird (seinen bösen Taten ein Ende bereitet wird)! Denn JaHuWaH wird sein Volk nicht verstossen, er wird sein Eigentum nicht verlassen. Denn zur Gerechtigkeit wird zurückkehren das Recht und hinter ihm her alle, die von Herzen aufrichtig sind. Wer wird für mich aufstehen gegen die Übeltäter? Wer wird für mich auftreten gegen die, die Böses tun? Wäre JaHuWaH mir nicht eine Hilfe gewesen, so hätte wenig gefehlt, und meine Seele hätte im Schweigen gelegen (wäre verbittert, verzweifelt)” (Ps 94, 12-17).
JaHuWaH übt keine Rache. Er hat so etwas nicht nötig. Menschen legen ihre Gefühle und Erwartungen der Rache JaHuWaH in den Mund. Damit können sie unter Umständen beim anderen Angst auslösen. Viel mehr ist es aber so was der Prophet Jirmejahu (Jeremia) sagt: “Ich, JaHuWaH, bin es, der das Herz erforscht und die Nieren prüft, und zwar um einem jeden zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Taten (Jer 17,10). Im Denken der Juden ist das keine Rache JaHuWaHs, vielmehr Gerechtigkeit, die den JaHuWaHtreuen aufrichtet, aber auch den Sünder erkennen lässt, was er falsch gemacht hat und ihm die Chance der Veränderung gibt.

Der gläubige Jude lebt ganz in der Gegenwart. Er denkt aber über die Gegenwart hinaus an das Leben im Messianischen Friedensreich – und darüber hinaus! Ein unverwüstliches Glaubenspotential ist in sein Herz gelegt. Die Gerechtigkeit wird siegen: “Denn siehe, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Und an das Frühere wird man nicht mehr denken, und es wird nicht mehr in den Sinn kommen. Vielmehr freut euch und frohlockt allezeit über das, was ich schaffe! Denn siehe, ich schaffe Jerushalajim zum Frohlocken und sein Volk zur Freude. Und ich werde über Jerushalajim frohlocken und über mein Volk mich freuen. Und die Stimme des Weinens und die Stimme des Wehgeschreis wird darin nicht mehr gehört werden..” (Jes 65, 17-17). Seine Erwählung, Berufung und Sendung hat dieses Ziel: Nicht sein wie die Welt, aber da sein für die Welt, darin durchhalten und sie nach dem Willen JaHuWaHs zu diesen Zielen führen.

Aus diesem Geist heraus war David befähigt keine Rache an König Shaul zu üben, obwohl dieser ihm sein Leben über Jahre zur Hölle gemacht hatte. Eine zentrale Botschaft des TaNaCH ist das Bekenntnis, das sich David sehr zu Herzen genommen hatte. JaHuWaH spricht: “Mein ist die Rache (d.h. das Gericht) und die Vergeltung (das Urteil)..” (5Mo 32,5). “Mein ist das gerechte Gericht (die Rache) und die Vergeltung für die Zeit, da ihr Fuss wankt. Denn nahe ist der Tag ihres Verderbens, und was ihnen bevorsteht, eilt herbei” (5Mo 32,35). Es hat Zeit! So wird JaHuWaH zu seiner Zeit Gerichte an den Nationen üben. Diese Gerichte werden gerecht sein (vgl. Ps 149,7, Mi 5,9-14 u.a.m). Was ist der Sinn und Zweck der Gerichte? lm nächsten Gim wollen wir uns weiter darüber unterhalten.

Alle grüsse ich herzlich und wünsche allen einen erholsamen Shabbat. Shalom!

Gregor Dalliard

Ankündigungen

Wir laden dich herzlich zu unserem nächsten Bibeltreffen in Finsterhennen ein. Wir treffen uns wieder am 15. Dezember 2024 um 14,00 Uhr bei Martin und Kornelia Hunzinger-Schmid, Allmenhag 2, 2577 Finsterhennen. Wir freuen uns ganz fest auf die gemeinsame Zeit! Shalom!

In unregelmässigen Abständen publiziere ich Lebensimpulse (Lims).

Unter dem Kennwort Fragen Leserfragen (Lefs) möchte ich neu auf Leserfragen eingehen. Dabei werde ich auch aufschlussreiche und weiterführende Zusammenhänge anderer zu wichtigen biblischen Themen veröffentlichen.